Im Sommer vor vier Jahren stand Benny auf einem Hochhaus und wollte springen. Er war 18 und seit sechs Jahren alkohol- und drogenabhängig. Eine halbe Stunde lang stand er da und blickte elf Etagen in die Tiefe. Benny musste an seinen jüngeren Bruder denken, dem er immer ein Vorbild sein wollte.

Er dachte an seine Sucht und dass ihm die Kraft fehlte, sie alleine zu bekämpfen. Benny hatte Angst, weiterzuleben. Aber noch mehr Angst, sagt er, hatte er vor dem Sterben. Heute ist er froh, dass ihm auf dem Hochhaus die Kraft fehlte, Schluss zu machen.
Denn seit Jahren geht der Konsum von Alkohol und Zigaretten bei Jugendlichen laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zurück. Das mag daran liegen, dass Drogen gesamtgesellschaftlich stärker problematisiert werden. Durch Suchtprävention und das Internet können junge Menschen heute viel mehr über die Risiken erfahren als noch vor einigen Jahren.
Ersteres rief das Landratsamt, Bereich Präventiver Kinder- und Jugendschutz, unter der Leitung von Sarah Conrad und der Caritas BGL Fachstelle für Suchterkrankungen Präventionsteam Siegfried Dietze und Lisa Weichselmann auf den Plan. Zu Gast waren nacheinander die siebten Klassen der Knabenrealschule aus Freilassing. Als Ort der Präventivmaßnahme hatten die Veranstalter das Haus der Berge in Berchtesgaden ausgewählt.
Die Ausstellung “Spass ohne Punkt und Koma” stand dabei im Mittelpunkt des Vormittags. Sie ermöglichte durch interaktive Methoden einen spannenden Zugang zur Thematik, regte zu Diskussionen rund um das Thema Alkoholkonsum an und trug zur Stärkung der Ressourcen der Jugendlichen bei.
Ein Rausch in jungen Jahren ist ein großes gesundheitliches Risiko: Organe können geschädigt, vor allem aber kann die Gehirnreifung beeinträchtigt werden. Auch Langzeitschäden sind nicht auszuschließen.
„Die Wissensvermittlung rund um die Risiken des Alkoholkonsums und die Voraussetzungen für einen risikoarmen Umgang mit Alkohol gehört zur primären Zielsetzung unserer Arbeit“, so Sozialpädagogin Weichselmann. Es komme darauf an, eine Konsumkompetenz zu erarbeiten, die den Jugendlichen zu einem sicheren Umgang mit Spirituosen befähigt. „Verbote gehen ins Leere“, so die Expertin.
Im gemeinsamen Gespräch mit den Jugendlichen war es ihnen ein besonderes Anliegen zu erfahren, wie sie im Notfall handeln können, wenn Alkoholmissbrauch in hohem Maße vorliege. Die Erarbeitung eines Notfallplans mit Einbeziehung der Eltern war für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein bedeutungsvolles Diskussionsthema.
Leidenschaftlich erörtert wurden auch diese Bereiche: Was wünschen sich die Jugendlichen von ihren Eltern in Bezug auf Alkohol? Wie würde ich reagieren, wenn mein Kind eine Alkoholvergiftung erleidet? Abschließend erfolgte eine kritische Betrachtung des gesellschaftlichen Umgangs mit dem Thema.
Außerdem durften die Jugendlichen alle Fragen rund um das Thema Alkohol und Sucht stellen und eigene Erfahrungswerte und Geschichten miteinbringen.
„Für uns hat sich deutlich herauskristallisiert, dass die Jugendlichen ein starkes Bedürfnis hatten, sich über das Thema zu informieren und auf sachlicher Ebene zu diskutieren“, so die Sozialpädagogin. Alkohol habe in vielen Lebensrealitäten junger Menschen Platz gefunden und das Einstiegsalter sei laut den Aussagen der Jugendlichen sehr gering. Auch Geschichten aus dem näheren Umfeld bewegten und beschäftigten die Jugendlichen sehr und eine Verharmlosung und die Präsenz des Alkohols durch und in der Gesellschaft, fiel auch ihnen schon auf.

Johannes Vesper