Es gibt sie in jedem Betrieb, in jedem Verein und in jeder Partei: Menschen, die im Hintergrund arbeiten, aber einen gewichtigen Anteil daran haben, dass das Räderwerk der verschiedenen Einrichtungen am Laufen bleibt. Zu ihnen zählt Karin Seeor, die seit 5 Jahren in ihrem Kiosk an unserer Schule die lernende und lehrende Kundschaft mit erquickenden Speisen und Getränken versorgt.

Der über die Zeiten zu einem geflügelten Wort gewordene Ausspruch "Sesam öffne dich", stammt aus der Geschichte von "Ali Baba und die vierzig Räuber" aus den "Tausendundeine Nacht-Erzählungen". Der Spruch ist in der Story die Zauberformel zum Öffnen einer verschlossenen Schatzkammer in einem Berg. Auf eine Zauberformel muss unsere Karin nicht zurückgreifen, wenn sie ihre kulinarische Schatzkammer öffnen will, Kiosk öffne dich ist eher ein geheimer Wunsch vieler Schüler, die sehnlichst auf ihr Frühstück warten.

In den letzten Jahren hat sich das Einkaufs- und Konsumverhalten der Kinder und Jugendlichen grundlegend gewandelt. Laut einer aktuellen, internationalen Studie hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, die mit nüchternem Magen zur Schule gehen, innerhalb der letzten sieben Jahre mehr als verdreifacht. Jedes vierte Kind hierzulande kommt ohne Frühstück in die Schule. Im Ländervergleich frühstücken in Deutschland die wenigsten Kinder, im Unterschied etwa zu Spanien, wo 94 Prozent täglich ein Frühstück zu sich nehmen.

Nicht auszuschließen ist, dass das Verkaufspersonal im Schulkioskverkauf der oder die erste Ansprechpartner*in für die Kinder am Vormittag ist. Um viertel nach fünf macht sich Karin auf den Weg zur Arbeit. Wenn möglich nutzt sie dafür das Fahrrad und zwar bei Wind und Wetter. Gegen sechs ist der Kiosk hell erleuchtet, der geöffnete Rolladen am Verkaufsfenster gewährt Einblicke in das Tun und Schaffen der Frau, die von sich sagt: „Ich komme gerne hierher. Die Schüler und Lehrer sind mir ans Herz gewachsen.“ Das Arbeitsklima spreche für sich. Wie frau miteinander umgehe, das sei einfach sehr angenehm, so die gelernte Bäckereifachverkäuferin, die zwei Jahrzehnte lang in einer Praxis einem Kieferchirurgen zur Seite stand.

Morgens um sechs finden sich die ersten Lehrkräfte am Kiosk ein, die Frühaufsteher und die beflissenen, der Hausmeister ist auch schon da, die ersten Schüler werden von ihren Eltern vor der Schule abgesetzt. Der Umgang mit „ihren“ Schülern mache ihr immer aufs Neue Freude. Die verhielten sich beim Einkauf rücksichtsvoll und höflich. Das ist kein Wunder, denn Karin verfügt über ein gerütteltes Maß an Empathie, aber auch über die notwendige Durchsetzungsstärke, um sich Respekt zu verschaffen.

Für den Urlaubssommer stehe heuer eine siebentägige Rundreise mit dem Rad rund um den Bodensee an. Die richtige Mischung aus Aktivität und Erholung, darauf komme es ihr an, egal ob auf dem Fahrrad, beim Nordic Walking oder beim Kanufahren. Es hört sich jedenfalls alles sehr gut an und die Schule kann sich glücklich schätzen, wenn die Karin ihr noch lange erhalten bleibt.

Johannes Vesper