Der Begriff der „kulturellen Bildung“, wie er schon im Zusammenhang mit dem Musikunterricht zur Sprache kam, hat auch hinsichtlich des Faches Kunst einen besonderen Stellenwert. Hier wird er noch einmal weiter gefasst, wenn es heißt, Kulturelle Bildung bietet vielfältige Anregungen, das klassische Modell der Unterrichtsschule zu überwinden. Ein Gedanke, der für uns im Modellversuch „Kompass“ zum Tragen kam.

Was das Thema „kulturelle Bildung“ angehe, sei unsere Schule gut aufgestellt, so Frau Bauer, die die Leitung der Fachschaft Kunst innehat. Unsere Kunstlehrerin ist für die Mädchen und Jungen selbst ein Vorbild in Sachen Kreativität und akribischen künstlerischen Arbeitens, wenn sie das Hausaufgabenheft gestaltet, das Bild des Monats prämiert oder ein Gipfelkreuz anfertigt. So etwas wirkt zweifellos motivierend und weckt das Interesse der Schülerschaft. Auch ihren Schülern bescheinigt die Lehrerin ein hohes Maß an schöpferischem Können. Auch wenn es um Kunstwettbewerbe, die Bildende Kunst oder um Museumsbesuche ginge seien ihre Schüler immer mit Interesse dabei und brächten viel Vorwissen ein.
„In einer zunehmend von Bildern dominierten Welt kommt dem Fach Kunst eine besondere Aufgabe zu.“ So ist es im LehrplanPlus zu lesen. Bilder verstehen, mit Bildern kommunizieren und bildliche Darstellungsformen beherrschen sei elementarer Bestandteil von Bildung und ermögliche die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. „Die zentrale Aufgabe des Faches Kunst ist es, das Wahrnehmungs- und Ausdrucksvermögen der Schülerinnen und Schüler anzuregen,“ so der Pädagogikprofessor Olaf-Axel Burow. Durch Museums- und Ausstellungsbesuche werde eine Teilhabe am kulturellen Leben hergestellt.
„Bilder haben eine spezifische Sprache, die den Jugendlichen ständig begegnet,“ so Burow. Diese Bildsprache sollte in ihren Strukturen, Wirkungen und ihrer Bedeutung erkannt und verstanden werden, um deren komplexes Zusammenspiel zu durchschauen und für eigene gestalterische Mitteilungen zu nutzen. Burow ist Erziehungswissenschaftler, Kreativitäts- und Zukunftsforscher und Direktor des Institute for Future Design.
Obwohl es beginnend bei der Reformpädagogik eine lange Tradition kultureller Bildung in der Schule gebe, blieb diese doch meist randständig“, so der Autor zahlreicher Bücher zur „Positiven Pädagogik“ und zur Kreativitätsförderung. Die Bedeutung dieses Bereiches für die Schule nehme erst seit Kurzem zu – und zwar mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und der Entwicklung von Bildungslandschaften.
Schulische Bildung sei derzeit reduziert auf eine fast ausschließliche Fokussierung auf sprachliche und logische Intelligenzen, so Burow, dabei käme es darauf an, neben der sprachlichen und logisch-mathematischen Intelligenz, auch musikalisch-rhythmische, bildlich-räumliche, körperlich-kinästhetische Intelligenzen zu fördern.
Noch bedrückender als der mittlere Rang, den deutsche Schulen bei den internationalen Schulleistungsvergleichsstudien (PISA) einnehmen würden, sei die wiederholt bestätigte Erkenntnis der mangelnden Förderung benachteiligter Schülergruppen, so Burow, der von 1994 bis 2017 er Professor für Allgemeine Pädagogik war. Die daraus resultierende Forderung nach besserem Sprach-, Mathematik- und Naturwissenschaftsunterricht greife allerdings zu kurz, weil sie den Blick auf einen begrenzten schulischen Fächerkanon verenge.
Die verschiedenen Angebote der kulturellen Bildung seien eine gute Möglichkeit das gängige fachliche Spektrum und den schulischen Lern- und Leistungsbegriffs zu erweitern, wodurch man den unterschiedlichen Begabungen der Schüler und Schülerinnen eher gerecht werden könne.
Der Kunstunterricht ist zusammen mit der Sportpädagogik, der Musikpädagogik und dem Fach Werken das einzige Schulfach, welches am Körper ausbildet und die Hände als ein Erkenntnisinstrument der Welt und des Selbst aktiviert.

Johannes Vesper