Ein Wahlsonntag hierzulande sorgt oft für eine besondere Atmosphäre. Die Menschen wirken angespannt, oft unsicher, schauen auf die letzten Hochrechnungen, sind noch unentschlossen, sie fühlen sich häufig nicht ausreichend informiert, vergessen den Gang zur Urne oder er verschwindet einfach aus dem Blickfeld. Häufig fühlen sie sich mit dem ganzen Prozedere schlicht überfordert.

Um unsere Zehntklässler auf ihre Aufgabe als künftige Wähler vorzubereiten, hat unsere BwR-Lehrerin, Frau Brückner, einen Urnengang für die Abschlussklassen parallel zur Bundestagswahl in Szene gesetzt.
Gemäß Artikel 38 des Grundgesetzes: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.“ Diese Wahlrechtsgrundsätze gelten in Deutschland nicht nur bei Wahlen auf Bundes-, sondern auch auf Landes- und Kommunalebene
Der Ablauf solch einer Wahl folgt strengen Gesetzen. Die Wählerin eilt ins Wahllokal und sucht ihren Wahlraum auf. Ein Wahlhelfer nimmt Personalausweis und Wahlbenachrichtigung entgegen. Sie bekommt die Wahlunterlagen ausgehändigt und begibt sich in eine freie Wahlkabine. Hier ist man allein und unbeobachtet und kann in Ruhe den Wahlzettel ausfüllen. Der kommt zum Schluss in die Wahlurne.
Demokratie ist nicht vom Himmel gefallen. Was heute oft herablassend belächelt oder als selbstverständlich hingenommen wird, haben die Menschen früherer Generationen unter dem Einsatz ihres Lebens mühevoll erkämpft. Und sie tun es immer noch. In vielen Ländern dieser Erde. In diese Gedankengänge kann sich Antonia, Schülerin der 10 b, gut hineinversetzen. Ihre Eltern mussten einst ihr Heimatland Bulgarien verlassen, konnten dann in Salzburg eine neue Zukunft aufbauen. Kein Wunder, dass der Schülerin Österreich viel näher ist als Deutschland. Hier will sie demnächst ihre Matura machen um in Wien Humanmedizin zu studieren.
Antonia wirkt sehr klar in ihren Gedanken, engagiert und verantwortungsbewusst. Im letzten Jahr hat sie als Schülersprecherin kandidiert, konnte sich dann aber nicht gegen die männliche Konkurrenz durchsetzen. „An unserem Wahltag wurden wir nacheinander aufgerufen, dann durften wir in die Wahlkabine“, weiß Carina von ihrem Erlebnis an diesem Vormittag zu berichten. Carina geht in dieselbe Klasse wie ihre Freundin. Sie will mit dem mittleren Bildungsabschluss eine Ausbildung beginnen, nach Möglichkeit als Verwaltungsfachangestellte. Gerichte oder Finanzämter wären mögliche Arbeitgeber.
Carina liest Stern und Spiegel, um sich zu informieren. Auch das Internet und verschiedene Formate geläufiger Nachrichtensendungen dienen den Mädchen als Informationsquelle über das politische Geschehen in der Welt. „Wir hatten jeweils zwei Stimmen bei unserem Urnengang in der Schule“, so Carina. Genau wie bei der Bundestagswahl. Es sei das Gefühl entstanden, endlich mal mitentscheiden zu können. Beide Mädchen können sich durchaus vorstellen, sich selbst einmal in einer Partei zu engagieren.
Diesbezüglich hat Antonia bereits Erfahrungen gesammelt. Sie arbeitete im Jugendforum der Stadt Freilassing mit, ein wichtiges Gremium der Stadt, das die Möglichkeit für junge Menschen vor Ort eröffnet, über politische Themen mitzubestimmen und das öffentliche Leben mitzugestalten. Die Jugendlichen können Einfluss auf Themen nehmen, die sie jetzt und zukünftig betreffen. Als Experten in eigener Sache bringen sie Ansichten und Interessen ein, die nur sie als Jugendliche haben können.
Gleichzeitig bietet die Jugendbeteiligung die Chance auf neue Erfahrungen. Selbstbestimmung, Eigeninitiative und Verantwortung sind zentrale Elemente der politischen Jugendbildung. Sie befähigt junge Menschen für ein späteres Engagement auf kommunaler Ebene.
„Nur wenn man sich engagiert, wird man gehört“, so das Motto der beiden jungen Schülerinnen unserer Schule. Von Politikverdrossenheit keine Spur, Engagement ist angesagt.
Johannes Vesper

 

 

Allgemein ist die Wahl, weil alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland das Stimmrecht besitzen – und zwar unabhängig von Geschlecht, Einkommen, Konfession, Beruf oder politischer Überzeugung. Allerdings müssen sie zum Zeitpunkt der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Auch Auslandsdeutsche sind wahlberechtigt, wenn sie entweder nach dem vollendeten 14. Lebensjahr mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt oder wenn sie aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik vertraut geworden und von ihnen betroffen sind.
Unmittelbar ist die Wahl, weil die Wählerinnen und Wähler die Abgeordneten direkt (unmittelbar) wählen. Es gibt keine Zwischeninstanz wie zum Beispiel in den USA, wo die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Bundesstaat so genannte Wahlmänner wählen, die wiederum den Präsidenten wählen.
Frei ist die Wahl, wenn die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Wahlentscheidung nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gewährleistet, dass der Wähler seinen wirklichen Willen unverfälscht zum Ausdruck bringen, vor allem sein Wahlrecht ohne Zwang oder sonstige unzulässige Beeinflussung von außen ausüben kann. Hierzu gehört auch das Recht, nicht zu wählen.
Jede Stimme zählt gleichermaßen
Gleich ist die Wahl, weil jede Stimme gleich viel zählt, und jede Art von Gewichtung unzulässig ist. Oder wie es im Englischen so treffend heißt: One man – one vote.
Eine Einschränkung erfährt der Grundsatz der Gleichheit durch die Fünf-Prozent-Klausel. Sie besagt, dass Parteien, die bei der Bundestagswahl weniger als fünf Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen, nicht in den Bundestag einziehen. Dadurch soll eine Parteienzersplitterung vermieden werden, wie sie der Weimarer Republik zum Verhängnis wurde. Allerdings bedeutet das zugleich, dass die Stimmen derjenigen, die diese Kleinstparteien gewählt haben, nicht im Parlament repräsentiert werden.
Geheim ist die Wahl, wenn sichergestellt ist, dass der Wähler den Stimmzettel unbeobachtet ankreuzen kann. Die Stimmabgabe erfolgt in Wahlkabinen, die von außen nicht einsehbar sind, und die ausgefüllten Stimmzettel werden gefaltet in die Wahlurnen geworfen, sodass niemand erkennen kann, welche Wahlentscheidung der Wähler oder die Wählerin getroffen hat.